Ein gutes halbes Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie zeichnet die traditionelle Herbst-Konjunkturumfrage des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) ein ermutigendes Bild für die Elektrohandwerke.
Obwohl ein Ende der Corona-Pandemie nicht in Sicht ist, scheint die Krise in den Elektrohandwerken bislang relativ wenig Spuren hinterlassen zu haben. Das jedenfalls legen die Ergebnisse nahe, die bei der traditionellen Herbst-Konjunkturbefragung 2020 des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) erhoben wurden. Knapp 1.400 Innungsfachbetriebe beteiligten sich zwischen dem 21. und 25. September an der Befragung. Die Werte erreichten in vielen Bereichen fast wieder das Niveau der Frühjahrsbefragung, die kurz vor Beginn der Pandemie durchgeführt wurde.
Geschäftsklimaindex stark gestiegen
Eindeutiger Beweis für aufgehellte Stimmung ist der Geschäftsklimaindex. Dieser war zu Beginn der Krise auf 55,6 Punkte (1. Corona-Befragung des ZVEH) eingebrochen, zeigte aber schon bei der zweiten Corona-Umfrage Anfang Mai 2020 eine Erholungstendenz (70,1 Punkte). Diese setzt sich fort: Mit 80,1 Punkten liegt der Geschäftsklimaindex aktuell nur noch acht Prozentpunkte unter dem sehr guten Wert vom Frühjahr 2020 (88,1).
Damit bestätigt sich, was sich in der zweiten Corona-Umfrage angedeutet hatte: Die Elektrohandwerke haben, abgesehen von dem kurzzeitigen Einbruch, bislang deutlich weniger Einbußen zu verzeichnen als andere Branchen und Gewerke. Der ZVEH sieht dafür zwei Gründe: Erstens an der zu Beginn der Krise erwirkten Systemrelevanz der E-Handwerke, zweitens an den beachtlichen Auftragspolstern, über welche die Betriebe zum Teil verfügen.
Auftragspolster wachsen wieder
Wie die Konjunkturbefragungen immer wieder zeigen, kann ein großer Teil der Betriebe Aufträge für zwei oder sogar mehr Monate vorweisen. Diese Reserven kamen den Betrieben zugute, weil sie während des Shutdowns zunächst vorhandene Polster abarbeiten konnten. Befürchtungen, neue Aufträge könnten nach dem Wiederhochfahren der Wirtschaft auf sich warten lassen, haben sich bislang nicht bestätigt. Stattdessen wird beim Auftragsbestand bereits wieder ein Wachstum verzeichnet.
In der Frühjahrsbefragung hatten 52,9 Prozent der Betriebe angegeben, Aufträge für mehr als zwei Monate zu haben. Nun sind bei 46,4 Prozent der Unternehmen die Auftragsbücher wieder für mehr als zwei Monate im Voraus gefüllt. Ende März sah die Lage noch ganz anders aus: Damals konnten nur noch 25,5 Prozent der Befragten Aufträge für diesen Zeitraum vorweisen. Anfang Mai hatte sich die Situation bereits entspannt (33,9 % mit Aufträgen > 2 Monate). Der neuerliche Anstieg zeigt: Die Betriebe können trotz Fortdauerns der Pandemie neue Aufträge akquirieren. Die Auftragspolster nehmen wieder zu.
Positive Einschätzung auch der künftigen Geschäftssituation
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftssituation fällt deutlich positiver aus als noch vor ein paar Monaten. 66,4 Prozent der Betriebe bezeichnen ihre wirtschaftliche Situation derzeit als „gut“ (Frühjahr 2020: 78,8 %), 27,3 Prozent als „befriedigend“ (Frühjahr 2020: 18,9 %). Zum Vergleich: Zu Beginn der Corona-Krise hatten nur noch 30,1 Prozent der befragten Betriebe die Lage als „gut“, aber immerhin noch 51,0 Prozent als „befriedigend“ bezeichnet.
Diese positiven Einflüsse spiegeln sich auch in der Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage. 22,1 Prozent der Befragten sind trotz Corona sogar überzeugt: Die wirtschaftliche Situation wird sich in den kommenden Monaten verbessern (1. Corona-Umfrage: 4,2 Prozent; 2. Umfrage: 8,6 Prozent). 61,9 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen immerhin davon aus, dass die Geschäftslage gleich bleiben wird – deutlich mehr als zum Zeitpunkt der ersten und zweite Corona-Befragung (1. Umfrage: 30,1 Prozent; 2. Umfrage: 49,7 Prozent). Mit einer Verschlechterung rechnen zum jetzigen Zeitpunkt nur noch 16 Prozent der Betriebe. Ende März waren es noch 67,7 Prozent.
Leichte Veränderungen bei der Umsatzverteilung
Kleinere – vermutlich Corona-bedingte – Verschiebungen lassen sich hinsichtlich der Umsatzverteilung beobachten. Machten gewerbliche Auftraggeber vor der Krise 38,6 Prozent der Auftraggeber aus, sind es aktuell 37,3 Prozent. Dafür stieg der Anteil des Umsatzes, der über Wohnungsbaugesellschaften und öffentliche Aufraggeber erwirtschaftet wurde: im Bereich der Wohnungswirtschaft auf 13,6 Prozent (Frühjahr 2020: 12,5 Prozent), bei der öffentlichen Hand auf 14,1 Prozent (Frühjahr 2020: 13,7 Prozent).
Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass gewerbliche Kunden Aufträge aus Angst vor einer Infektion verschoben oder absagten. Auf dem Bau hingegen konnte größtenteils ungestört weitergearbeitet werden. Im Bereich der privaten Auftraggeber gab es hingegen nahezu keine Veränderungen – das Infektionsrisiko scheint hier keine größere Rolle gespielt zu haben, beziehungsweise scheinen Auftraggeber Aufträge nur in geringfügigem Ausmaß storniert oder abgesagt zu haben.
Zahl offener Stellen steigt
Dass sich die Situation weiter entspannt hat, zeigt auch ein Blick auf die offenen Stellen. 56,0 Prozent der Befragungsteilnehmer gaben an, offene Stellen zu haben. Bei der ersten Corona-Befragung waren es nur 31,9 Prozent, bei der Befragung Anfang Mai 38,2 Prozent. Den zwischenzeitlichen Rückgang erklärt der ZVEH damit, dass viele Unternehmen die Besetzung freier Stellen auf dem Höhepunkt der Krise zunächst aufschoben.
Obwohl der weitere Verlauf der Pandemie schwer vorherzusagen ist, scheint der Bedarf an Fachkräften wieder deutlich zuzunehmen. Auch das ist ein Indiz dafür, dass sich die Wirtschaft weiter erholt und die Innungsfachbetriebe optimistischer in die Zukunft schauen. Am optimistischsten der drei vom ZVEH vertretenen Gewerke sind die Elektrotechniker.
Größere Betriebe besonders optimistisch
Ein differenziertes Bild ergibt die Konjunkturbefragung hinsichtlich der Betriebsgröße. Je größer der Betrieb, desto positiver bewerten die Befragten auch ihre Geschäftssituation. So sind nur 60,3 Prozent der Betriebe mit bis zu vier Mitarbeitern der Meinung, ihre wirtschaftliche Situation sei gut. Bei elektrohandwerklichen Unternehmen zwischen 10 und 19 Mitarbeitern sind es hingegen 67,1 Prozent. Dort, wo mindestens 20 Mitarbeiter angestellt sind, sogar 74,8 Prozent. Auch hinsichtlich der Auftragslage lassen sich Unterschiede erkennen: Kleine Betriebe haben demnach geringere Auftragspolster als ihre größeren Mitstreiter.
„Unsere Herbst-Konjunkturbefragung ist von jeher ein Gradmesser für die wirtschaftliche Situation in den Elektrohandwerken. Insofern stimmt es uns zuversichtlich, dass sich sowohl der Geschäftsklimaindex als auch die Auftragslage wieder im Aufwind befinden“, so ZVEH-Hauptgeschäftsführer Ingolf Jakobi. „Zwar kann keiner sagen, wie sich die Corona-Krise im Herbst und über den Winter weiter entwickeln wird. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen aber: Die E-Handwerke sind, nicht zuletzt ihrer unterschiedlichen Standbeine und der zukunftsorientierten Geschäftsfelder wegen, relativ krisenfest und damit ein Motor innerhalb der Corona-Krise. Umso wichtiger ist es unserer Ansicht nach allerdings, dass die Energiewende mit unvermindertem Tempo fortgesetzt wird und Investitionen der öffentlichen Hand nicht aufgeschoben werden.“ Hinweis: Wie die im Verlauf der Corona-Krise durchgeführten Befragungen kann – vor dem Hintergrund einer äußerst dynamischen Entwicklung der Infektionszahlen – natürlich auch die Herbst-Konjunkturbefragung nur eine Momentaufnahme liefern.
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