Die Zahl der offenen Stellen im E-Handwerk stieg in den letzten zwölf Monaten weiter an, meldet der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) Ende Januar. Der Verband spricht von fast 100.000 Fachkräften, die aktuell gesucht werden.
Das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben macht sich zunehmend bemerkbar: Über alle Branchen und Berufe hinweg fehlt es an Fachkräften, denn die auf die Babyboomer folgenden Generationen sind deutlicher geburtenschwächer. Seit 1972 liegt die jährliche Geburtenzahl unter einer Million – die Zahl der Todesfälle übersteigt die der Geburten. Die Jahrgänge zwischen 2005 und 2013 gelten sogar als geburtenarm. Während die in den 1960er-Jahren Geborenen in den nächsten Jahren in Rente gehen, treten die geburtenarmen Jahrgänge ins Erwerbsleben ein.
Das wirkt sich auch auf die E-Handwerke aus. Das ergab eine Analyse des Zentralverbandes der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH), die auf Basis der Ergebnisse der ZVEH-Konjunkturumfrage vom Herbst 2023 sowie der Daten der Handwerkszählung des Statistischen Bundesamtes erstellt wurde.
Weniger Personal für mehr Aufgaben
Zwar verzeichnet die Branche seit Jahren steigende Auszubildenden- (2022: 45.967/+ 0,3 Prozent) und Beschäftigtenzahlen (2022: 527.354/+ 1,8 Prozent). Aber die Kohorte der zur potentiell Verfügung stehenden Mitarbeiter nimmt durch die demografische Entwicklung ab. Das erschwert das weitere Wachstum. Plus: Mit der fortschreitenden Elektrifizierung als Folge der Energiewende wachsen die Aufgabenfelder der E-Handwerke (Photovoltaik, E-Mobilität, Wärmepumpen und weitere). Die Schere zwischen Personalbedarf und -potential wird größer.
So stieg die Zahl der offenen Stellen in den E-Handwerken Anfang 2024 auf 96.580 (2023: 85.525). Die Zahl spiegelt die in den Konjunkturumfragen des ZVEH immer wieder geäußerte hohe Bereitschaft des E-Handwerks wider, zusätzliche Stellen zu schaffen und neues Personal einzustellen.
Zahl offener Stellen steht nicht automatisch für Fachkräftemangel
Allerdings sei die Zahl der offenen Stellen nicht automatisch mit einem wachsenden Fachkräftemangel gleichzusetzen, sagt der ZVEH. Zum einen, weil ein Teil der offenen Stellen zeitnah aus dem Markt heraus bedient werden kann – was das kontinuierliche Beschäftigtenwachstum der E-Handwerke belegt. Zum anderen ist nicht sicher, dass ein suchender Betrieb für jede gemeldete offene Stelle wirklich dauerhaft eine Vollzeitkraft einstellen möchte.
Hochqualifizierte Mitarbeiter besonders gesucht
Die Analyse zeigt, dass sich der steigende Bedarf durch alle Qualifikationsstufen zieht. So stieg die Zahl der gesuchten Auszubildenden von 15.133 (2021) auf 15.828 (2022) und bis Ende 2023 sogar auf 17.170. Wurden 2021 noch 6.649 an- und ungelernte Helfer gesucht, sank die Zahl offener Stellen im Jahr 2022 auf 6.532, um Ende 2023 wieder auf 7.696 zu steigen. Bei den Gesellen stieg die Zahl offener Stellen von 26.315 (2021) auf über 29.229 im Jahr 2022. Ende 2023 lag sie bereits bei 33.637.
Besonders stark wird nach höher Qualifizierten gesucht. Bei den hochqualifizierten Gesellen wuchs zwischen 2021 und 2022 die Zahl offener Stellen von 21.447 leicht auf 21.662. Im vergangenen Jahr lag die Zahl mit 24.755 offenen Stellen bereits ein deutlich höher. Dasselbe Bild zeigt sich bei Fachleuten mit Meisterbrief: Im Jahr 2021 lag die Zahl offener Stellen bei 5.820, im Jahr 2022 bei 6.038 und Ende 2023 waren bereits 6.596 Meisterstellen ausgeschrieben.
Energiewende braucht qualifizierte Fachleute
Die Zahlen zeigen den wachsenden Bedarf der Betriebe an qualifizierten und kompetenten Fachleuten. Energiewende, Digitalisierung und Sektorkopplung sind komplex und verlangen nach Personen, die damit umgehen können. Der ZVEH lehnt daher die Idee ab, dass man zur Bewältigung der wachsenden Aufgaben verstärkt auf angelernte Personen mit Teilqualifizierungen setzen solle.
ZVEH-Hauptgeschäftsführer Alexander Neuhäuser sagt dazu: „Zwar bleibt abzuwarten, wie sich die weitere Entwicklung im Baubereich auf die E-Handwerke auswirkt, der Trend zeigt aber ganz klar, dass die Energiewende die Nachfrage nach e-handwerklichem Know-how rasant gesteigert hat und wir uns in einem Wachstumsmarkt befinden. Vor allem aber belegt die Statistik einen Punkt, auf den die e-handwerkliche Organisation seit langem hinweist: Für den anspruchsvollen Transformationsprozess braucht es hervorragend und umfassend ausgebildete Fachkräfte. Die Zahlen sind gleichzeitig ein Warnsignal, dass es – auch seitens der Politik – noch größerer Anstrengungen bedarf, um die Fachkräfteentwicklung in den kommenden Jahren sicherzustellen.“
Foto: ArGe Medien im ZVEH
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